16. September 2008

Bundesregierung unterschätzt Kostenbelastung durch Datenschutznovelle

Gutachten ermittelt 64 Millionen Euro Mehrkosten allein für die Kreditwirtschaft

Die Bundesregierung hat im aktuellen Entwurf der Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ein neues Scoring-Auskunftsrecht für die Bürger vorgesehen. Insbesondere verpflichtet sie die Kreditinstitute, dem Verbraucher umfangreiche Informationen beim Einsatz von Scoring-Verfahren im Rahmen der Kreditvergabe zur Verfügung zu stellen. Die aus dem Gesetzesvorhaben resultierenden Mehrkosten für die Wirtschaft hat die Regierung auf etwa 650.000 Euro pro Jahr beziffert.

Die im Zentralen Kreditausschuss (ZKA) vertretenen Spitzenverbände der deutschen Kreditwirtschaft haben diese Kostenschätzung durch ein unabhängiges Wirtschaftsforschungsinstitut überprüfen lassen. Das jetzt vorliegende Gutachten der Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH (IW Consult) kommt zu dem Ergebnis, dass die Kostenbelastung knapp hundertmal höher liegen würde als von der Bundesregierung angenommen. Allein für die Kreditwirtschaft sei mit Mehrkosten von fast 64 Millionen Euro pro Jahr zu rechnen, wenn die Kreditinstitute die vorgesehenen Auskunftsansprüche in die Praxis umsetzen müssten.

Ausgehend von 22 Millionen scoring-gestützten Entscheidungen bei Kreditinstituten im Jahr und der Annahme, dass vier Prozent der Kunden von ihrem neuen Recht zur Erläuterung der Score-Wert-Berechnung Gebrauch machen würden, ergäben sich Kosten von umgerechnet 70 Euro pro Auskunftsersuchen. In der Kostenschätzung enthalten sind neben dem Aufwand für die Bearbeitung der einzelnen Anfragen auch die anteiligen Kosten für die Schulung der Mitarbeiter, für Controlling und Revision sowie für die Anpassung der Rechnersysteme (IT-Implementierung) bei den Kreditinstituten. Gerade diese indirekten Kosten, die oftmals einen erheblichen Teil der gesamten Bürokratiekosten ausmachen, werden in der Standard-Kosten-Methode der Bundesregierung regelmäßig nicht beachtet.

Der ZKA appelliert an den Gesetzgeber, bei den Beratungen über die Gesetzesvorlage der Bundesregierung diese unverhältnismäßig hohe Kostenlast für die Wirtschaft zu berücksichtigen und diese deutlich zu senken. Der Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Bürger sei ein hohes Gut, doch gelte es einen ausgewogenen Mittelweg bei der Ausgestaltung von Informationspflichten zu finden. Der Aufwand für die Wirtschaft und der Nutzen für den Verbraucher müssten in einem angemessenen Verhältnis stehen. Die Kreditwirtschaft warnt zudem davor, dass sich höhere Kosten der Unternehmen in höheren Preisen für alle Kunden niederschlagen könnten. Demnach müssten auch diejenigen Kunden die Kostensteigerung mittragen, die keine Auskunft verlangen würden.

Der Zentrale Kreditausschuss hat in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzesvorhaben ein Alternativkonzept vorgeschlagen. Danach wird dem Kunden auf Nachfrage die Kreditentscheidung erläutert und bei einer Kreditablehnung mindestens ein maßgeblicher Ablehnungsgrund genannt. Zudem soll dem Kunden die Möglichkeit eingeräumt werden, die scoring-gestützte Kreditentscheidung nochmals überprüfen zu lassen. Auf die von der Bundesregierung beabsichtigte einzelfallbezogene Erläuterung des Score-Werts als maßgeblicher Kostentreiber wird dabei verzichtet, zumal der Score-Wert oftmals nicht allein ausschlaggebend für die Kreditentscheidung ist.


Ansprechpartner:

Heiner Herkenhoff
für den Zentralen Kreditausschuss
Bundesverband deutscher Banken e.V.,
Tel.: 030/1663-1200

Melanie Schmergal
Bundesverband der Deutschen
Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V.,
Tel.: 030/2021-1320

Dr. Stephan Rabe
Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V.,
Tel.: 030/8192-160

Stefan Marotzke
Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V.,
Tel.: 030/20225-5110

Dr. Helga Bender
Verband deutscher Pfandbriefbanken e. V.
Tel.: 030/20915-330

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